Die Rauminstallation des Hamburger Künstlers Merlin Reichart verhandelt Perspektiven auf Leistungsgesellschaft
in Zeiten des Klimawandels und die damit einhergehenden Sehnsuchtsorte. Am Ende eines engen Tunnels werden die Betrachter*innen von der Darstellung eines tropischen Strandes mit Palmen angelockt. Ein durch Ventilatoren verursachter Luftzug saugt die Menschen förmlich hinein.
Betritt man den quadratischen Raum, bewegt man sich nicht wie impliziert auf Sand, sondern auf wackeligen Gehwegplatten, die einen unsicheren Schritt verursachen. Über den Köpfen surrt eine Decke aus Neonlampen, die ein unangenehm heißes und stickiges Klima erzeugt. Eine Fototapete erstreckt sich über den gesamten Raum und das Strandmotiv schließt den Kreis am Horizont, sodass sich das Publikum nicht an einen Traumstrand, sondern auf eine einsame Insel wenige Zentimeter über dem Meeresspiegel versetzt fühlt. Wie bei einem Rorschachtest entfalten sich aus vertikal gespiegelten Palmen alienartige Monster. Zu guter Letzt fungiert eine der losen Betonplatten als Schalter. Wird er betätigt, schaltet er das gesamte Licht für eine Sekunde aus, nur um es im nächsten Moment wieder aufflackern zu lassen.
Reicharts alptraumhaftes Anti-Paradies attackiert die proklamierten Vorstellungen von Erfolg und Sorglosigkeit in einer Zeit zunehmender Krisen. Die verschiedenen Elemente der Installation spielen auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen innerhalb der kapitalistischen Wertschöpfungslogik und auf die Bedrohung der Klimakatastrophe an. Auf unheimliche Weise macht „Place To Be“ die Zusammenhänge spürbar und fordert ein fundamentales Umdenken unserer Prioritäten.
Philip Junk
MUCA München
2021